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Filmkritik – Priscilla

In ihrem Biopic Priscilla wirft Sophia Coppola einen Blick hinter die Kulissen einer Ehe. Im letzten Jahr hatte Baz Luhrmann noch Elvis abgefeiert. Jetzt kommt die Sicht seiner Ex-Frau Priscilla Presley ins Kino, die den King of Rock ‘N‘ Roll in einem neuen Licht erscheinen lässt, das seinen Fans sicher nicht gefallen dürfte.

Blick hinter die Kulissen einer schwierigen Beziehung zwischen Priscilla (Cailee Spaeny) und Elvis Presley (Jacob Elordi) - Foto: Mudi

Bereits 1985 veröffentlichte Priscilla Presley unterstützt von Sandra Hammon ihre Autobiografie Elvis & me. Eng an der Buchvorlage lehnt sich nun Coppolas Filmversion der Promi-Ehe an. Dabei bleibt die Regisseurin immer ganz nah an ihrer Hauptfigur und ihrer subjektiven Sicht auf die Beziehung zu Elvis. Sie zeichnet das Bild einer jungen Frau im goldenen Käfig, die brav in Graceland auf die Rückkehr ihres Mannes von Filmsets und Tourneen wartet. Ihr Alltag ist geprägt von Langeweile und Isolation.

Teenager-Liebe

Priscilla Beaulieu (Cailee Spaeny) und Elvis (Jacob Elordi) lernen sich 1959 in Deutschland kennen, während der Sänger dort seinen Dienst in der Army absolviert und ihr Vater dort stationiert ist. Ein Freund, zuständig für die PR des Stars, entdeckt das Mädchen in einem Diner und lädt sie zu einer Party in Elvis‘ Haus ein.

Leben in Langeweile und Isolation. - Foto: Mudi

Nicht nur ihren Eltern, auch Elvis‘ Freundeskreis kommt es seltsam vor, dass er eine 14-jährige Freundin hat. Doch die Beaulieus lassen sich ebenso überzeugen, wie das Umfeld. Schließlich ist ja alles ganz unschuldig. Der zehn Jahre ältere King trauert um seine erst vor kurzem verstorbene Mutter und der Teenager ist angeblich seine einzige Freundin, die wie er aus den USA kommt. Damit Priscilla in der Schule nicht einschläft, bekommt sie von ihrem prominenten Freund Aufputschpillen. Als der Musiker seinen Wehrdienst beendet hat, kehrt er zunächst ohne sie zurück in die Heimat. Wohl bedacht darauf, dass niemand falsche Schlüsse zieht, verabschiedet er sich in aller Öffentlichkeit von ihr, indem er sie einfach in der Fanmenge stehen lässt. Allerdings nicht, ohne ihr vorher eingeschärft zu haben, ihm regelmäßig zu schreiben, auf rosa Briefpapier, adressiert an seinen Freund Joe.     

Gefangen in Graceland

Zwei Jahre vergehen, in denen Priscilla in Deutschland schmachtet und Elvis Briefe schreibt. Der Star dreht derweil Filme, die Presse berichtet über Affären und seine Antworten werden immer seltener. Dann plötzlich lädt er „sein Mädchen“ nach Graceland ein. Zwei Wochen lang ist der Teenager an seiner Seite, aufgebrezelt wie es ihr Freund mag. Mit Siebzehn darf sie dann ganz auf seinem Luxusanwesen in Memphis leben. Muss aber – so ist es mit den Eltern vereinbart – ihren Schulabschluss an einer katholischen Schule machen. Freundinnen darf sie nicht mit nach Graceland bringen. Elvis Vater Vernon ist ihr zeitweiliger Vormund und untersagt ihr den Kontakt zu den Angestellten. Das halte die nur von ihrer Arbeit ab. Ihr einziger Gefährte ist ein kleiner weißer Pudel, den ihr Elvis schenkt. Die meiste Zeit ist Priscilla im Haus allein und wartet darauf, dass ihr Freund nachhause kommt.

Isolation im Luxus

Ist er da, verschanzen sie sich in seinem Schlafzimmer, wo sie zu einer Art Kummerkasten für ihn wird. Nach und nach formt Elvis seine „Cilla“ so, wie er sie haben möchte. Sie muss sich die Haare schwarz färben, bekommt zu ihren Kleidern, die selbstverständlich er aussucht, immer eine passende Pistole. Er selbst trägt auch immer eine Waffe bei sich. Warum er das in seinem Haus für nötig hält, wird ebenso wenig hinterfragt, wie die Tatsache, dass Priscilla das Anwesen offenbar kaum verlässt, um für den King immer verfügbar zu sein. Damit sie ihren Abschluss schafft, bekommt sie von Elvis Pillen. Selbstbestimmt ist in ihrem Leben nichts. Selbst als sie endlich den lang ersehnten Heiratsantrag bekommt und die beiden Eltern werden, bleibt es eine Beziehung in Abhängigkeit. Gibt sie Widerworte, droht er mit Trennung.

Die dunkle Seite des King   

Kaum eine Szene ohne Cailee Spaeny. Oft nimmt die Kamera ihre Perspektive ein, wenn ihr Blick durch das leere Haus schweift oder ihr Mann sich mit seinen wesentlich älteren Freunden vergnügt. Ihre Einsamkeit ist greifbar. Selbst wenn Elvis in seiner spirituellen Phase Anhänger um sich scharrt, bleibt sie die Beobachterin, mittendrin, doch nicht dabei.

Cailee Spaeny trägt mit ihrer Darstellung von Priscilla den Film. - Foto: Mudi

Im Verlauf der 14 Jahre, die sie beide zusammen waren, lernt Priscilla immer öfter die dunkle Seite ihres Mannes kennen, der durch seinen Drogenkonsum häufig die Kontrolle verliert, auch schon mal einen Stuhl nach ihr wirft, von Selbstzweifeln geplagt ist und offenbar Potenzprobleme hat. Nach einem Vergewaltigungsversuch zwischen zwei Shows in Las Vegas zieht Priscilla schließlich die Konsequenzen und geht.

Zu eindimensional

Wie bereits in Marie Antoinette beleuchtet Sophia Coppola auch in Priscilla das Leben einer Frau, die zwar im Luxus lebt, aber darin gefangen ist. Nur leider hat ihr Film gerade deshalb seine Längen. Denn die Szenen wiederholen sich irgendwann und man gewinnt den Eindruck, die beiden hätten sich die meiste Zeit im Schlafzimmer verschanzt, wo sie zwar miteinander sprachen, aber ansonsten nicht viel zwischen ihnen lief.

Als nach Zweidritteln des Films Priscilla ihrem Mann sagt, dass sie mit Töchterchen Lisa Marie für eine Weile nach L. A. geht, ist das zwar der erste Schritt ihrer Abnabelung, doch findet Coppola dafür nur wenige Bilder und noch weniger Dialog. Kaum zu glauben, dass sich Priscilla in all den Jahren niemandem anvertraut hat. Ihre Eltern tauchen nur zur Hochzeit auf. Freunde hat sie offenbar keine. Die Geschichte bleibt zu eindimensional. Dass Priscilla nach der Scheidung in Beverly Hills eine Boutique eröffnet hat, in der Promis wie Cher, Natalie Wood oder Lana Turner einkauften, bleibt ebenso unerwähnt, wie ihr Engagement Graceland fünf Jahre nach Elvis Tod 1982 für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen und ihre wenn auch kurze Schauspielkarriere.

Dass der Film am Ende nicht in Belanglosigkeit versinkt, liegt allein an Hauptdarstellerin Cailee Spaeny. Sie trägt das Bio-Pic durch ihre Wandlung vom schüchternen Teenager hin zur jungen Mutter, die zu Dolly Partons I will always love you durch die Tore von Graceland in ein selbstbestimmtes Leben fährt.      

Keine Originale

Obwohl Priscilla Presley den Film co-produziert hat, war es Sophia Coppola nicht erlaubt, Originalsongs von Elvis zu verwenden. Den Job übernehmen u. a. die Indie-Band Phoenix ihres Mannes Thomas Mars und verschiedene Coverversionen anderer Interpreten. Das verleiht dem Bio-Pic eine ganz eigene Dynamik. Zumal auch der legendäre Las Vegas-Auftritt des King nur als Schattenriss zu sehen ist und sein Comeback 1968 im Lederanzug in einer kurzen Szene als TV-Sendung gezeigt, wird, die sich alle in Graceland ansehen. Seine Fans werden, sofern sie Elvis and me gelesen haben, wenig Überraschendes im Film über ihr Idol erfahren und trotzdem nicht besonders begeistert davon sein, dass er von Anfang an, wenig Sympathie beim Zuschauer auslöst. Zumal Priscilla zu einer Zeit in die Kinos kommt, da sich Skandale über sexualisierte Übergriffe in der Film- und Musikwelt ins kollektive Gedächtnis eingebrannt haben. Zumal auch Elvis Musikerkollege Jerry Lee Lewis damals in den Schlagzeilen war, als er 1957 seine 13-jährige Cousine Myra Gale Brown heiratete. Auch diese Beziehung war einmal Filmstoff mit Dennis Quaid als Jerry Lee in Great Balls of Fire. Doch um wirklich skandalös zu sein, bleibt Coppola in ihren Andeutungen zu vage. Es bleibt der fade Nachgeschmack.

Claudia Hötzendorfer

Priscilla

Verleih: MUBI/The Match Factory GmbH

Start: 4. Januar 2024

Länge: 110 Min.

Regie: Sophia Coppola

Darsteller: Cailee Spaeny, Jacob Elordi, Tim Post u. a.

Vorpremiere im Atelier-Kino Düsseldorf am 2. Januar 2024, Beginn: 19 Uhr

Alle weiteren Vorführtermine unter: www.filmkunstkinos.de

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