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„Walking the Blues – Doku über Reinhard Glöder feiert Premiere in der Jazz-Schmiede

Fragt man Musiker nach prägenden Einflüssen in der deutschen Jazz-Szene, fällt unweigerlich ein Name: Reinhard Glöder. Der Bassist und Komponist war Mitgründer der Jazz-Schmiede. Dort zeichnete er bis 2018 verantwortlich für die Big Band-Bookings. Der Düsseldorfer Video-Künstler Jürgen Hille hat Reinhard Glöder den so sehenswerten, wie informativen Dokumentarfilm Walking the Blues gewidmet, der am 29. Januar in der Jazz-Schmiede Premiere feiert.

Video-Künstler Jürgen Hille widmet einem Urgestein der deutschen Jazz-Szene, Reinhard Glöder, den Dokumentarfilm "Walking the Blues". - Foto: Hille

Herr Hille, wie sind Sie auf die Idee gekommen, über Reinhard Glöder einen Dokumentarfilm zu drehen?

Ich habe ihn durch meine Schwester kennen gelernt, die in der von ihm geleiteten Big Band der Städtischen Musikschule Dormagen spielt. Diese Big Band hat er über 20 Jahre aufgebaut. Nachdem sein Vertrag mit der Schule nicht mehr verlängert und die Formation daraufhin aufgelöst wurde, macht er jetzt mit einem Kern der Musiker weiter. Was mich fasziniert: er ist immer ganz bei sich und ihn umgibt so eine Aura, die ich interessant finde. 2015 habe ich dann einen Auftritt mit ihn parallel zu einer Ausstellung arrangiert. Da war mir eigentlich klar, dass ich einen Film mit und über ihn machen möchte. Es dauerte aber noch bis 2017 diesen dann wirklich zu realisieren.“

Sie sind Video-Künstler und eher kein klassischer Dokumentarfilmer. Wie sind Sie an das Projekt herangegangen?

Recht frei, um ehrlich zu sein. Nachdem entschieden war, ich mache das, hat die ganze Sache so eine Eigendynamik bekommen. Es gab kein Drehbuch. Auch die Auswahl meiner Gesprächspartner hat sich mit der Zeit entwickelt. Beispielsweise haben die Treffen mit Helge Schneider. Wolfgang Engstfeld, Matthias Nadolny und Peter Weiss praktisch wie ein Türöffner funktioniert. Einige Kontakte hatte mir Reinhard Glöder selbst gegeben, etwa zu seinen ehemaligen Schülern. Andere ergaben sich dann aus den Gesprächen.“

Mit Helge Schneider (l.) stand Reinhard Glöder nicht nur auf der Bühne, sondern auch vor der Kamera. - Foto: Hille

Warum haben Sie sich entschieden, komplett in Schwarz-Weiß zu drehen?

„Da kommt der Künstler in mir wieder durch. Ich wollte abstrahieren und raus aus dem Realismus, den eine klassische Dokumentation ja zwangsläufig hat. Da hat man schnell so eine Fernsehästhetik. In Schwarz-Weiß wirkt die Geschichte zeitloser.“

Ein Stilmittel in Ihrem Film ist der Einsatz der Musik. Es sind auch ganze Stücke zu hören, die Glöders Vielseitigkeit aufzeigen.

„Da musste ich mich tatsächlich gegen Reinhard Glöder durchsetzen, der meinte, es reicht, wenn ich sie nur mal anspiele. Es war aber meine Hauptmotivation, der Musik mehr Raum zu geben. Das Spannende war dafür die Bilder zu finden, die mit den Klängen eine Symbiose eingehen.“

Glöder ist ein sehr vielseitiger Musiker, der nicht wenige Kollegen inspiriert hat. Ich denke da zum Beispiel an sein Projekt Bassport – bestehend aus vier Kontrabässen. Da klingt Doldingers Passport mit an. Wie prägend war er Ihrer Meinung nach für die Düsseldorfer-Jazz-Szene?

„Ich muss gestehen, dass ich mir diese Einschätzung nicht zutraue. Denn dazu bin ich wohl nicht der Szenekenner. Allerdings hatte er seinen Anteil daran, dass die Jazz-Schmiede zu dem wurde, was sie ist.“

Wenn Sie kein Szenekenner sind, was war dann Ihr Zugang zu diesem Filmprojekt?

„Mein Zugang zu Reinhard Glöder und dem Thema Jazz, war eher der eines Menschen und seiner Arbeitssituation, weniger wie sich sein Wirken auf eine Szene auswirkt. Der Film ist Teil einer Reihe, die sich damit befasst. Mein erstes Projekt war das Portrait über einen Instrumentenbauer. Mich faszinieren die Persönlichkeiten mehr, als ihr Umfeld.“

Eine letzte Frage noch: Sie haben Ihrem Film den Titel Walking the Blues gegeben nach einem Glöder-Stück. Da steht eher die Assoziation zum Blues im Raum als zum Jazz.

„Das kann man natürlich auch so sehen. Ich wollte dieses Stück als Titelgeber nehmen, weil es eins von Glöders Lieblingsstücken ist und sich wie ein roter Faden durch den Film zieht, in verschiedenen Interpretationen.“

Claudia Hötzendorfer

Walking the Blues hat am 29. Januar in der Jazz-Schmiede Düsseldorf Premiere. Beginn: 20:30 Uhr. Es gibt noch Restkarten an der Abendkasse. Im Mai wird der Film noch einmal im Rahmen der Jazz Rally in der Black Box zu sehen sein. Weitere Termine und Infos unter: www.juergenhille.de

Info: Reinhard Glöder, Jahrgang 1945, studierte neben Klavier in Berlin, Kontrabass am Robert-Schubert-Institut in Düsseldorf. Neben eigenen Projekten spielte er unter anderem mit Helge Schneider, dem Golden Gate Quartett und nahm mit Dave Brubeck ein Album auf. Er war Lehrbeauftragter an der Uni Duisburg und später an der Musikschule Dormagen. Stand als Kabarettist auf der Bühne und als Schauspieler vor der Kamera.

 

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