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Pflegeakademie Hacura bietet Online Hygiene-Schulungen für Angehörige an

Corona hat es noch einmal verdeutlicht: Hygiene ist ein wichtiger Faktor, wenn es um den Schutz von kranken und pflegebedürftigen Menschen geht. Die Pflegeakademie Hacura bildet Fachkräfte aus und bietet nun zusätzlich online Hygiene-Schulungen auch für Angehörige an. „Unsere Zielgruppe sind vornehmlich die Mitarbeiter von Alten- und Pflegeheimen, Berufsein-, Quer- und Wiedereinsteiger. Doch wir sehen den Bedarf von Angehörigen, die Familienmitglieder versorgen und sich informieren möchten, worauf sie nun durch Corona vermehrt achten müssen“, erklärt Martina Kaiser, seit fünf Jahren Leiterin der Pflegeakademie, warum sie sich entschlossen hat, Online Hygiene-Schulungen für pflegende Angehörige durchzuführen.

Seit fünf Jahren leitet die diplomierte Pflegepädagogin Martina Kaiser die Pflegeakadmie "Hacura". Hier zu sehen mit "Susi", einer Puppe für den praktischen Unterricht. - Foto: C. Hötzendorfer

Das regelmäßige Desinfizieren der Hände und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist für medizinisches und pflegendes Fachpersonal selbstverständlich. Seit Ausbruch von Covid19 rücken Hygienemaßnahmen zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit. Sie bestimmen mittlerweile den Alltag und machen deutlich, wie wichtig sie zum Schutz vor allem derjenigen sind, die zur Risikogruppe zählen: Menschen mit Vorerkrankungen, chronisch Kranke, Senioren, Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen.

Online Hygiene-Schulungen

Hacuras Kernkompetenz sind Ausbildungsangebote für Hauswirtschafts- und Betreuungsassistenten oder zum interkulturellen Pflegehelfer. Dabei arbeitet die Akademie eng mit Alten- und Pflegeeinrichtungen zusammen, die ihr Personal dort auch weiterbilden lassen.

Seit dem Ausbruch des Corona-Virus halten Martina Kaiser und ihr fünfköpfiges Team die Seminare nicht nur in den hellen luftigen Räumen ihrer Akademie in Hagen und an insgesamt zehn Standorten in Nordrhein-Westfalen ab, zunehmend verlegen sie ihr Angebot auch ins Netz. „Es bietet sich einfach an, Hygiene-Schulungen zusätzlich Online durchzuführen“, ist Martina Kaiser überzeugt. „Auf diese Weise müssen wir die Gruppen nicht verkleinern, weil auch wir natürlich die Abstandsregeln einhalten müssen. Andererseits können wir den Zugang für interessierte Angehörige öffnen.“ Ihr sei es wichtig, so betont die diplomierte Pflegepädagogin, zum einen Unsicherheiten abzubauen und zum anderen dafür zu sensibilisieren, wie wichtig selbst Kleinigkeiten sein können, um keine Keime, Bakterien oder Viren auf einen geschwächten Organismus zu übertragen.

Pflege ist Herzenssache

Für Martina Kaiser und ihr Team ist Pflege Herzenssache. „Wir müssen uns immer klar machen, dass wir Menschen versorgen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind und deren Lebensqualität davon abhängt, wie wir unserer Aufgabe nachgehen“, erklärt die Hacura-Leiterin und verdeutlicht das Gesagte mit einem Beispiel: „Stellen Sie sich vor, Sie liegen da und eine schlecht gelaunte oder gestresste Pflegerin kommt herein, um Sie zu waschen. Wie würden Sie sich da wohl fühlen?“, hakt sie nach.

An den Wänden hängen unzählige Danksagungen von Absolventinnen der verschiedenen Kurse. - Foto: c. Hötzendorfer

Pflege, das weiß die Krankenschwester aus eigener jahrelanger Erfahrung, ist oft mit hohen Belastungen, Stress und Zeitdruck verbunden. Zu wenig Personal das zu viele Pflegebedürftige versorgen muss.  Da mache es kaum einen Unterschied, ob sie in Einrichtungen arbeiten oder als mobiler Dienst. Umso wichtiger ist es Martina Kaiser Positivität auszustrahlen. Die überträgt sich auf die Menschen in ihrem Umfeld und so überrascht es nicht, dass in ihrem Team viel gelacht wird. Humor kommt auch bei ihren Hygiene-Schulungen nicht zu Kurz.

Online Hygiene-Schulung  

Es ist der Probedurchlauf für Martina Kaiser. Bevor die erste Hygiene-Schulung online geht, will sie testen, ob alles, was sie sich überlegt hat, für das Webinar umsetzbar ist. Es werden kurzweilige knapp 90 Minuten, die deutlich machen, dass es vor allem auf die bereits erwähnten Kleinigkeiten ankommt. Beispielsweise auf Schmuck zu verzichten, wenn Pflegebedürftige versorgt werden. „Einmal-Handschuhe zu tragen und dabei Ringe anzubehalten, ist keine gute Idee“, sagt sie. Die Schmuckstücke könnten das Material beschädigen und so durchlässig machen. Man könnte damit, ebenso wie mit Armbändern und Ketten hängenbleiben und nicht zuletzt sind die Oberflächen Keimträger. Kosmetik ist ebenfalls ein Thema, dem sich Martina Kaiser in ihrem Webinar widmet. „Nagellack kann abblättern, deshalb bitte nicht verwenden, gleiches gilt für künstliche und zu lange Fingernägel“, erklärt die Expertin. Was sich viele nicht klar machen, seien die Düfte, die Cremes, Deos und Parfüms verströmen. Ältere und kranke Menschen hätten eine andere Wahrnehmung, wenn es um Gerüche geht. „Was für Sie angenehm duftet, können andere als störend und sogar als Belästigung empfinden.“ Zigarettenrauch oder Mundgeruch seien gute Beispiele, meint die Expertin. „Denken Sie daran, denn Sie kommen dem anderen Menschen sehr nahe, wenn Sie ihn waschen, das Bett machen, beim Essen helfen oder Medikamente geben“, appelliert sie an die Teilnehmer der Hygiene-Schulung.

Angesprochen wird ebenfalls, wie ein Mund-Nasen-Schutz richtig zu handhaben ist und wie Hände richtig gewaschen werden. „Ärzte, die sich für Eingriffe waschen, haben diesen Vorgang ritualisiert. Das hilft, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie lange und intensiv die Reinigung sein sollte“, gibt die Expertin einen weiteren wichtigen Tipp.

Viel zu lernen also, für die Teilnehmer der Online Hygiene-Schulung, die selbst für Fachkräfte noch einige wichtige Details bereithält.

Chance für Quer- und Wiedereinsteiger

Pflege ist Berufung und Chance. Besonders Quer- und Wiedereinsteiger bekommen durch die Akademie eine Möglichkeit sich zu qualifizieren. „Gute ausgebildete Pflegekräfte werden gesucht und gebraucht“, ist Martina Kaiser überzeugt. Die Möglichkeiten seien vielfältig. „Sie können sich in Pflege- und Senioreneinrichtungen bewerben, in Krankenhäusern oder selbständig arbeiten“, zählt die Dozentin auf.

Martina Kaiser sieht in Pflegeberufen gute Chancen für Quer- und Wiedereinsteiger. - Foto: C. Hötzendorfer

Potenzial sieht die Expertin auch im Bereich der interkulturellen Pflege. „Pflegebedürftige mit einem Migrationshintergrund haben oft eine Sprachbarriere, was auch mit einer Erkrankung zusammenhängen kann. Bei einer Demenz beispielsweise erinnern sie sich oft eher an ihre Muttersprache, als an die deutschen Worte. Da ist es enorm hilfreich, wenn die Pflegekräfte beispielsweise türkisch oder arabisch sprechen“, ist Martina Kaiser überzeugt. Sie verdeutlicht es wieder an einem Beispiel: „Ältere Menschen tun sich oft schwer mit Veränderungen, haben Angst vor Untersuchungen oder möchten nicht so gerne berührt werden. Wenn sie die Möglichkeit haben, sich in ihrer Muttersprache zu verständigen, gibt dies ihnen Sicherheit.“ Ähnlich sei es, wenn es um kulturelle und religiöse Unterschiede geht. Etwa, wenn sich Männer nicht von Pflegerinnen versorgen lassen möchten oder Frauen große Scham empfänden, wenn sie sich vor einem anderen Menschen ausziehen müssen, für eine Untersuchung oder um gewaschen zu werden.

Martina Kaiser sieht im Pflegeberuf ebenso Chancen für Quer- und Wiedereinsteiger. „Vorkenntnisse sind dabei nicht zwingend. Viel wichtiger ist uns die Motivation und die Freude an dem was man macht.“ Die Stimmung im Dozententeam ist locker und entspannt. „Natürlich nehmen wir unsere Aufgaben ernst, aber ein Lächeln kostet nichts“, ist Martina Kaiser sicher. Diese Einstellung bekommt das Hacura-Team von den Kurs- und Seminarteilnehmern zurückgespiegelt. In den Gängen der Akademie hängen die Danksagungen der ehemaligen Absolventinnen und Absolventen. „Es hat schon Tradition, dass die Kurse zum Abschluss Fotos machen, Collagen und Zeichnungen anfertigen oder etwas basteln“, strahlt die Akademie-Leiterin und lässt den Blick über die Wände schweifen

Die Schulungsräume sind inzwischen an die Corona-bedingten Hygiene-Vorschriften angepasst. „Wir haben spezielle Stühle mit Rollen und einem daran befestigten Klapptisch. So können die Kursteilnehmer die Abstandsregeln gut einhalten“, führt die Diplom-Pflegepädagogin aus. Die Theorie ist das eine, das andere ist die Übung für eine Anwendung in der Praxis.

Fort- und Weiterbildung

Eines der Fortbildungsangebote widmet Hacura dem „Pflegeknigge“. Ein heißes Eisen, das ist auch der Dozentin bewusst. „Wir möchten vermitteln, wie wichtig ein ethisch korrekter Umgang mit den Bewohnern von Einrichtungen und in der häuslichen Pflege ist. Das bezieht mit ein, wie deren Angehörige und die Kollegen behandelt werden“, sagt Martina Kaiser und stellt klar: „Die Art wie wir miteinander und den zu betreuenden Menschen umgehen, ist unsere beste Visitenkarte“.

Krankenschwestern und Pfleger sind körperlich sehr gefordert, wenn sie Patienten heben, stützen oder umbetten müssen. Rückenprobleme sind keine Seltenheit in diesem Beruf. Hier zeigt sich, dass das Hacura-Team praxiserfahren ist. Alle Dozentinnen sind ausgebildete Krankenschwestern oder Pflegerinnen.

Die Dozentinnen wissen aus eigener langjähriger Erfahrung, dass Pflege körperlich sehr anstrengend werden kann. - Foto: C. Hötzendorfer

Sie haben erkannt, wie wichtig ein rückenschonendes Arbeiten ist und entwickelten ein entsprechendes Fortbildungsangebot, ebenso wie für den Umgang mit demenziell veränderten Menschen. Dabei scheuen sie sich nicht, auch unbequeme Themen anzusprechen, wie Sexualität und Demenz oder Gewalt in der Pflege. Die, so betont Martina Kaiser, oft schon mit Worten beginnt, sich in Vernachlässigung verfestigt und schließlich in körperlichen Übergriffen gipfelt. „Das kommt leider häufiger vor, als wir wahrhaben wollen“, stellt sie klar und betont: „Es ist mir sehr wichtig, Pflegekräfte aber auch Angehörige dafür zu sensibilisieren. Denn oft ist es ihnen gar nicht bewusst, wo die Übergriffe bereits beginnen.“

Wie schwer es sein kann, mit pflegebedürftigen Menschen umzugehen, die ein extremes Verhalten zeigen oder psychische Erkrankungen haben, wird in einem weiteren Fortbildungsangebot der Akademie zum Thema gemacht. „Je offener wir die Problematiken ansprechen, desto größer die Chance, in der Pflege etwas zu verändern und zu bewirken“, meint Martina Kaiser. Deshalb ist es ihr wichtig, so praxisnah wie nur möglich in der Ausbildung zu sein.

Susi und Kai

„Zu unserem Team gehören auch Susi, Kai und unser unverzichtbarer Helfer bei der Arbeit mit Demenzkranken“, zählt Martina Kaiser mit einem Augenzwinkern auf. Denn Kai ist ein Skelett, das im Seminarraum als Modell im Einsatz ist. Susi wiederum ist eine lebensechte Puppe, die in einem Krankenbett liegt. „An ihr können wir alles simulieren, was wir für den Pflegealltag brauchen“, erklärt die Krankenschwester. Routiniert hilft sie Susi in eine aufrechte Sitzposition. Über der Puppe hängt eine Triangel als Aufstehhilfe, ganz so wie es in einem echten Krankenzimmer der Fall sein kann. Susi hat eine wesentlich frischere Gesichtsfarbe, als man es von ihr erwarten würde. Ihr Gewicht ist dem einer Frau vergleichbarer Größe und Proportion angepasst. Da sie selbst keine Muskelspannung hat, bekommen die Absolventen der Schulungen einen Eindruck davon, wie schwer ein zu pflegender Mensch ist, der selbst nicht mehr in der Lage ist, sich aufzurichten oder in eine andere Position zu drehen. „Susi können wir auch Injektionen und eine Herzmassage geben“, fügt Martina Kaiser hinzu und führt es zur Unterstreichung ihrer Worte gleich vor.

Ein weiterer Helfer im Pflegealltag ist eine etwa 50 cm große Handpuppe. Sie kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn die Absolventen dem Umgang mit Demenzkranken lernen. „Die Handpuppe ist aus weichem Material. Sie hilft uns dabei einen Zugang zu Menschen zu bekommen, die nicht auf eine direkte Ansprache reagieren, sicher aber einer Stoffpuppe anvertrauen“. In der Traumatherapie wird ähnlich gearbeitet. Kinder vertrauen sich beispielsweise eher einem Stofftier oder sogar einem entsprechend ausgebildeten Hund an. Diese Stellvertreterposition kann eine Möglichkeit sein, Zugang zu Menschen zu bekommen, die sich sonst nicht öffnen könnten.

Palliativ-Care wird immer wichtiger

Die Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen – in Fachkreisen auch Palliativ Care genannt – wird in Zukunft immer wichtiger. „Wir werden immer älter und wollen so lange wie es geht, selbstbestimmt in unseren eigenen vier Wenden leben“, ist Martina Kaiser überzeugt. Häuslicher Pflege kommt daher eine wachsende Bedeutung zu und damit der Palliativpflege.

Fachkräfte können sich bei Hacura entsprechend weiter- und fortbilden. Durch die Zusatzqualifikationen bieten sich ihnen neue berufliche Möglichkeiten. „Sich für diesen Bereich zu entscheiden heißt, sich besonderen Herausforderungen zu stellen. Jemanden am Ende seines Lebens zu begleiten ist keine leichte Aufgabe“, weiß Martina Kaiser.

Informationen zum Kursangebot und Anmeldungen für die Hacura-Online-Akademie unter: http://www.hacura.de/kurse/online-akademie/

Am 17. November 2020 findet die nächste Online-Hygiene-Schulung für pflegende Angehörige und Pflegekräfte statt. Beginn:  14 Uhr. Nach dem Webinar haben die TeilnehmerInnen Gelegenheit Fragen an Martina Kaiser zu stellen. Anmeldung unter: webinar @ hacura.de.

Claudia Hötzendorfer

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