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Miles, Judy, Udo und Michael – Musikalischer Start ins neue Kinojahr

Musikfans, die so genannte Bio-Pics lieben, kommen schon zu Beginn des neuen Kinojahres 2020 voll auf ihre Kosten. Zwei Spielfilme und zwei Dokumentationen lohnen einen Besuch. Los geht es mit dem Großmeister des Jazz Miles Davis. Es folgen Spielfilme über das bewegte Leben von Judy Garland und den Karrierestart Udo Lindenbergs. Ende Januar erinnert eine Dokumentation an das kurze Leben des INXS-Frontmannes Michael Hutchence.

Miles Davis prägte mit seiner Trompete wie kaum ein anderer den Jazz.. - Foto: Piece of Magic Entertainment

Kaum jemand, der den Jazz nicht mehr prägte, als Miles Davis. Der Mann an der Trompete erfand sich immer wieder neu, wagte den Crossover in andere Genres und beeinflusst bis heute ganze Generationen von Musikern. Am 2. Januar kommt mit Miles Davis – Birth of Cool eine Dokumentation in die Kinos, die nicht nur Fans begeistern wird. Zum einen kommt der Meister selbst zu Wort, zum anderen erinnern sich Weggefährten und Partnerinnen. Unveröffentlichte und selten gezeigte Aufnahmen runden dieses sehenswerte Portrait eines Ausnahmekünstlers ab.

Stanley Nelson zeigt nicht nur den Einfluss, den Davis auf die Musik und die afro-amerikanische Kultur hatte, sondern auch den Menschen dahinter. - Foto: Piece of Magic Entertainment

Man lernt nicht nur den Musiker Davis kennen, sondern auch den Menschen dahinter und der war wohl alles andere als ein einfacher Charakter. Drogen und Alkohol bestimmten viele Jahre seinen Alltag und machten ihn für sein Umfeld unberechenbar. Trotzdem schaffte es Davis immer wieder Wegweisendes auf die Bühne bringen und auf Vinyl zu bannen. Wäre es nach seiner Mutter gegangen, wäre der 1991 viel zu früh verstorbene Miles wohl eher Violinist geworden. Doch dafür war er ein zu großer Freigeist und zum Glück bestand sein Vater darauf, dass der Junge mit 13 eine Trompete bekam.

Wäre es nach seiner Mutter gegangen, wäre Miles Violinist geworden. - Foto: Piece of Magic Entertainment

Regisseur Stanley Nelson beleuchtet in dieser spannenden Doku auch Davis Rolle in der afro-amerikanischen Kultur und Gesellschaft. Nach 155 kurzweiligen Minuten bedauert man, dass sein Film schon zu Ende ist. Es gibt viel zu entdecken und zu erfahren über den Musiker, den Menschen und nicht zuletzt den Jazz.

Ein ehemaliger Kinderstar am Ende seiner Karriere

Es gibt Songs, die sind untrennbar mit der Person verbunden, die sie gesungen haben. Over the Rainbow aus dem Film-Musical The Wizard of Oz ist so einer. Judy Garland, damals gerade 17 Jahre alt, sang ihn 1939 zum ersten Mal und musste ihn danach bis zum Ende ihrer Karriere 1969 immer wieder singen. Die Sängerin und Schauspielerin wurde nur 47 Jahre alt. Sie starb an einer Überdosis Schlaftabletten. Basierend auf dem Theaterstück End of the Rainbow liegt der Focus des Bio-Pics Judy, das ebenfalls am 2. Januar in die Kinos kommt, auf ihren letzten Lebensmonaten.

Mit 17 wurde Judy Garland über Nacht zum Star. - Foto: Entertainment One

Mit Renée Zellweger hat Regisseur Peter Quilter die ideale Besetzung gefunden. Sie verkörpert eine gebrochene Frau, die bereits als Teenager durch ein rigides Studiosystem in die Tablettenabhängigkeit gezwungen wurde. Ihre letzten Monate verbringt sie fernab von Hollywood und ihren Kindern in London.

Zellweger liefert mit ihrer Darstellung eine oscarreife Leistung ab. - Foto: Entertainment One

Dort wurde sie für eine Revue engagiert. Bald schon kommt das Publikum nur noch, um sie auf der Bühne scheitern zu sehen, wenn sie einmal mehr sturzbetrunken ihren Text vergessen hat. Sie schaut auf fünf gescheiterte Ehen zurück, kämpft um das Sorgerecht für ihre Kinder und ist pleite. Aber dann sind da auch die Momente, in denen sie noch einmal strahlt und ihren größten Hit Over the Rainbow singt. Zellweger liefert mit ihrer Darstellung eine oscarreife Leistung ab. Das Souterrain in Düsseldorf-Oberkassel zeigt übrigens am 18. Januar den Film, mit dem Judy Garland 1939 berühmt wurde: Der Zauberer von Oz.

Bevor der Sonderzug nach Pankow abfuhr

Zur Premiere in der Essener Lichtburg gab es natürlich ein Eierlikörchen für den inzwischen 73-jährigen Udo Lindenberg. Hermine Huntgeburth konzentriert sich in ihrem Spielfilm Lindenberg – Mach dein Ding, der am 16. Januar startet, auf die Anfänge von Udos Karriere. Mit 15 bricht Lindenberg aus der spießigen Enge seiner Heimatstadt Gronau aus. Musik das ist sein Ding, davon ist er schon früh überzeugt. Aber es braucht seine Zeit, bis er seinen Stil gefunden hat. Zunächst schlägt er sich als Drummer in Bands und als Studiomusiker durch. Eine erste Langrille mit englischen Texten floppt. Udo ist überzeugt, er kann besser auf Deutsch singen und nimmt neue Songs auf. Mit dem Album „Andrea Doria“ schafft er dann schließlich den Durchbruch.

Der Spielfilm "Lindenberg - Mach dein Ding" konzentriert sich auf die Anfänge seiner Karriere. - Foto: DCM

Huntgeburth hat mit Jan Bülow (Radio Heimat) die passende Besetzung gefunden. Dadurch, dass sie sich auf die Zeit vor dem großen Durchbruch konzentriert, lernt das Publikum nicht nur viel über die Umstände, die dazu führten kennen, sondern auch einiges über den Menschen Lindenberg, der so manche Höhen und Tiefen im Verlauf seiner Karriere erlebt hat. Gleichzeitig ist Lindenberg - Mach dein Ding auch ein Zeitdokument, das mit Liebe zum Detail inszeniert ist.

The Devil inside     

Und dann ist da noch eine charismatische Persönlichkeit, die 1997 viel zu früh gestorben ist. Michael Hutchence – Kopf der australischen Rockband INXS.

Mit 47 Jahren viel zu früh gestorben: INXS-Frontmann Michael Hutchence. - Foto: Happy Entertainment

Kürzlich erst kam das legendäre Wembley-Konzert von 1992 Live Baby Live digital remastert in die Kinos. Damals waren die Jungs auf dem Zenit ihrer Karriere. Die rund 90-minütige Show war praktisch ein Best of ihrer Hits. Frontmann Hutchence hatte das gewisse Etwas, die Ausstrahlung, die nur wenige große Stars haben. Seine Bühnenpräsenz konnte ein Konzert tragen, ohne die später üblichen opulenten Lightshows, Großleinwände, Pyrotechnik und was Bands sonst noch meinen zu brauchen.

Sexy, charismatisch und talentiert. - Foto: Happy Entertainment

Die rund zweistündige Doku Mystify (Start: 30. Januar) geht der Frage nach, wer Michael Hutchence war und versucht zu ergründen, was ihn so anziehend gemacht hat. Keine Frage, er hatte Sexappeal, darauf standen Frauen und Männer. Aber da war noch etwas anderes, verletzliches, geheimnisvolles an ihm. Ex-Freundin Kylie Minogue beschreibt ihre Beziehung so: „Er war sowas wie die dunkle Seite unserer Partnerschaft“. Es sind viele private und unveröffentlichte Backstage-Aufnahmen zu sehen. Bandkollegen, Freunde und Familienmitglieder erinnern sich. Was auch deutlich wird, Michael Hutchence war ein sehr guter Sänger und Musiker, wenn er auch nicht wirklich gut Gitarre spielen konnte, so stammen doch viele der großen Hits aus seiner Feder.

Ex-Freundin Kylie Minogue sah in Hutchence, die dunkle Seite ihrer Beziehung. - Foto: Happy Entertaiment

Während seiner Zeit mit Top-Model Helena Christensen wurde Michael Hutchence zusammengeschlagen. Dass er sich dabei einen Schädelbasisbruch zugezogen hatte, wurde zu spät erkannt. Eine der Folgen war der Verlust seines Geschmacks- und Geruchssinns. Hutchence veränderte sich, wurde unberechenbar, nahm Tabletten und trank zu viel. Seine Beziehung zu Bob Geldofs Ex-Frau Paula Yates und die damit verbundenen öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzungen setzten ihm schließlich so zu, dass er – nach Sicht seiner Familie – sich 1997 in einem Hotel in Sydney das Leben nahm.

Die Doku zeigt viele private und unveröffentlichte Aufnahmen. - Foto: Happy Entertainment

Eine sehenswerte Dokumentation, die nur leider viel zu spät kommt. Wer in den 80ern und 90ern die Musik von INXS gehört hat, wird sich noch gut an deren charismatischen Frontmann erinnern. Die jüngere Generation hat hier leider keine Bezugspunkte mehr. So bleibt Mystify mehr ein Leckerbissen für Fans und diejenigen, die einfach mal wissen wollen, wer dieser Michael Hutchence wohl gewesen ist. Schade ist auch, dass die Doku nicht zusammen mit Live Baby Live in die Kinos gekommen ist. Parallel zum Film hat Michaels Schwester Tina ihre Erinnerungen in einem Buch veröffentlicht. Die Bandkollegen versuchten zunächst mit wechselnden Sängern, darunter Terence Trent D’Arby, an alte Erfolge anzuknüpfen. Vergeblich. 2012 gaben sie dann ihre Auflösung bekannt.

Infos zu Startterminen und Vorführzeiten unter: www.filmkunstkinos.de

Claudia Hötzendorfer   

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