Springe zum Inhalt

Zum hundertsten Geburtstag gab’s einen Fallschirmsprung

Vor rund einem Jahr hatte Nina Hundert, Leiterin des sozialen Dienstes im Mutterhaus der Diakonie am Kaiserswerther Markt in Düsseldorf die Idee, den Senioren Herzenswünsche zu erfüllen. Ein Arbeitskreis wurde initiiert, der zunächst einmal herausfinden wollte, welche Wünsche die Bewohner haben. Mit Herbert Spillers Herzenswunsch hatte niemand gerechnet. Einen Fallschirmsprung zum runden Geburtstag am 18. Mai sollte es sein. Zugegeben, kein alltäglicher Wunsch. Aber für Nina Hundert und ihr Team nicht unmöglich. Sein Herzenswunsch brauchte nur etwas Vorlaufzeit.

Gemeinsam mit einem Mitarbeiter der Flugschule wagte Herbert Spiller seinen zweiten Fallschirmsprung. -Foto: Skydive Stadtlohn

„Wir mussten zunächst die gesundheitliche Seite abklären und uns die Zusage seines behandelnden Arztes einholen“, beschreibt Nina Hundert das Prozedere. Dann musste eine Flugschule gefunden werden, die Fallschirmsprünge anbietet und die vor allem bereit ist, das Risiko mit einem 100-jährigen einen Tandemsprung zu wagen, einzugehen. Als auch diese Hürde genommen war, hieß es für Herbert Spiller Fitnessprogramm und zwar täglich. Vierzehn Tage lang bereitete sich der umtriebige Senior auf das große Abenteuer mit speziellen Übungen vor. Dann kam endlich der große Tag, den Nina Hundert mit ihm gemeinsam erlebte. Denn auch sie wagte den Tandemsprung in die Tiefe. „Es war schon Überwindung aber ein unglaubliches Erlebnis“, bilanziert sie und hofft, dass angeregt durch Herbert Spillers Abenteuer, auch andere Bewohner sich Herzenswünsche von ihrem Team erfüllen lassen.

Herbert Spiller sprang nicht zum ersten Mal aus einem Flugzeug. Das letzte Mal gönnte er sich dieses besondere Erlebnis für fünf Jahren. Da war der Düsseldorfer gerade 95 Jahre alt geworden.

Nun zum Hundertsten wollte er noch einmal in die Vollen gehen. Was ihn antreibt und welchen Rat er für die Jugend hat, verrät Herbert Spiller im nachstehenden Gespräch.

Diakonie-Mitarbeiterin Nina Hundert wagte ebenfalls einen Tandemsprung. - Foto: Skydive Stadtlohn

Herr Spiller, die wichtigste Frage vorab: Wie war’s?

„Es war sagenhaft. Unglaublich. Ich bin tatsächlich durch die Wolken geflogen, es war so ein unbeschreibliches Erlebnis.“

Sie haben viele Fotos von Ihrem Sprung bekommen …

Ja, die sind herrlich. Ich kann es immer noch kaum glauben, dass ich das erleben durfte. Wir hatten so ein Glück mit dem Wetter. Die Sonne schien für Herbert (schmunzelt).“

Sie haben fleißig trainiert vor dem Sprung oder?

Ach, ich habe nur jeden Tag meine Übungen gemacht. Naja, ich musste ja sicher gehen, dass ich auch wieder runterkomme.“

Das war ja nicht Ihr erster Fallschirmsprung…

Vor fünf Jahren bin ich zum ersten Mal gesprungen. Als ich runterkam, hat man mich gefragt, wie es war. Ich habe gesagt, das war so schön, wenn ich Hundert werde, spring ich noch einmal. Ich hätte im Traum nicht daran gedacht, dass wir es noch einmal schaffen würden. Ich bin dankbar dafür, dass ich wieder in die Luft gehen durfte.

Es war nicht der erste Fallschirmsprung für Herbert Spiller und wenn es nach ihm geht, auch noch nicht sein letzter. - Foto: Skydive Stadtlohn

Ich bin schon ein bisschen stolz auf mich. Wissen Sie, ich habe so viele Menschen getroffen, junge und alte, keiner hat mir gesagt, das mache ich auch. Deshalb unterhalten wir uns heute darüber.“

Das heißt, Sie möchten anderen Mut machen, sich ihre Träume und Wünsche zu erfüllen?

Ja und man muss auch selbst etwas dafür tun. Aber immer mit einem Lachen auf den Lippen. Sie kennen doch den Schlager? (singt) Immer nur lächeln und immer vergnügt … aber wie es im inneren aussieht, geht niemanden was an. So muss man leben.“

Würden Sie es denn noch einmal machen wollen?

Alle guten Dinge sind drei.“

Sie sind ja nicht nur als Fallschirmspringer am Start, sondern auch sonst sehr aktiv.

Ich brauche einfach Action. Ich habe mit 91 einen Skikurs gemacht, mit 92 dann den Tauchschein. Bis letztes Jahr bin ich dreimal pro Woche schwimmen gegangen und habe im Zakk Rock n‘ Roll getanzt.“

"Ich brauche Action", sagt Herbert Spiller. - Foto: C. Hötzendorfer

Waren Sie schon immer so aktiv oder kam das erst mit dem Alter?

Nach dem Tod meiner Frau 1980 bin ich nach Düsseldorf gezogen. Mit 60 bin ich in Rente gegangen und habe mich 20 Jahre lang um einen 1000m² großen Garten gekümmert. Das war für mich das Schönste und hat mich fit gehalten. Nebenbei habe ich dann kleine Ausflüge gemacht, zum Beispiel nach Peking, Thailand, Marokko, Tunesien, Griechenland, ich habe eine Nilkreuzfahrt in Ägypten gemacht und mir die Niagarafälle angesehen. Ich habe so viel erlebt, an das ich mich heute gern erinnere.“

Welchen Rat haben Sie für alle, die gern wie Sie bis ins hohe Alter aktiv bleiben möchten?

Nicht zuhause in der Ecke sitzen bleiben. Immer in Bewegung bleiben. Ohne Action geht es nicht. So wie man in der Schule nicht faul sein darf, um nicht sitzen zu bleiben. So muss man auch bis ins Alter aktiv bleiben. Man darf nie vergessen, was einem vom Leben geschenkt wird und man sollte dafür glücklich und dankbar sein. Wissen Sie, ich konnte es selbst kaum glauben, dass ich Hundert geworden bin. Was für ein Geschenk.“

Das Interview führte Claudia Hötzendorfer

Infos zu Fallschirmsprüngen und zur Flugschule unter: https://skydive-stadtlohn.de

© 2019 Rhein-Ruhr-Kultur.net – powered by Silent Tongue Productions