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Tom Gaebel zelebriert seinen „Perfect Day“ in der Düsseldorfer Tonhalle

Mit einer Big Band im Rücken fühlt sich Tom Gaebel nach eigenem Bekunden „pudelwohl“. Der gebürtige Gelsenkirchener lässt am 17. Mai in der Düsseldorfer Tonhalle den Swing in der Tradition großer Crooner wie Frank Sinatra wieder aufleben. Im Gepäck hat Gaebel sein aktuelles Album Perfect Day. Wir haben einmal nachgefragt, wie der perfekte Tag denn für ihn aussieht und ob was dran ist, dass er als Musikstudent seine WG-Kumpels mit Gesang unter der Dusche beschallt hat.

Tim Gaebel fühlt sich mit Big Band im Rücken "pudelwohl". - Foto: Christoph Kassette

Wie sieht Ihr Perfect Day aus?

„Jetzt, da ich so viel zu tun habe, muss ich immer öfter an einen Spruch von Harald Juhnke denken, der gesagt hat: Der beste Tag ist, keine Termine und leicht einen sitzen. (lacht) Da ist meiner Meinung nach sehr viel Wahres dran. Einfach mal keine Termine zu haben, ist für mich schon die halbe Miete eines perfekten Tages. Selbst ein Urlaubstag, an dem man aber den Kopf nicht frei hat, kann nicht perfekt sein. Dabei sind meine Ansprüche gar nicht so groß. Etwas wärmere Temperaturen, ein wenig Sonne, nicht zu viel. Das passt für mich schon.“

Auf dem Album sind weitgehend Eigenkompositionen. Was inspiriert Sie?

„Das ist ganz unterschiedlich. Inspiration hat für mich etwas mit Bewegung zu tun. Wenn ich irgendwo unterwegs bin, dann pfeife oder summe ich oft so vor mich hin. So kommen mir Ideen ganz natürlich, ohne dass ich viel darüber nachdenke. Wenn mir etwas davon gefällt, nehme ich es auf oder merke es mir. Mal wird ein Song draus, ein anderes Mal nicht. Das ist so die Keimzelle. Es gibt legendäre Demotapes von mir, mit ersten Ideen für einen Song. Ich höre aber auch sehr viel Musik und manchmal inspiriert mich einfach auch nur ein Lied, ein Groove und ich habe das dann im Ohr. Ich mache ja keine politischen Lieder oder trauere einer verflossenen Liebe hinterher, die es zum Glück gerade nicht gibt. Deshalb muss ich mir auch keine Gedanken über die Aufarbeitung über einen Songtext machen. Bei mir geht das wohl eher über die Musik als über den Text.“

Licence To Swing war ja eine Hommage an Filmklassiker. Auf Ihrem aktuellen Album haben Sie Eye of the Tiger aus Rocky III gecovert. Sind Sie ein Filmfan?

„Ja schon als Kind. Ich bin auch total fasziniert von Filmmusik. Wobei Eye of the Tiger ja kein klassischer Filmscore, sondern vielmehr ein Popsong ist. Mich reizt es aber immer wieder, solchen Kinosongs einen eigenen Stempel aufzudrücken. Ich fand die Idee ganz witzig, diesen Song einfach mal anders aufzuzäumen und in ein neues musikalisches Gewand zu verpacken. Das macht richtig Spaß.“

Sie haben ein Stück von Bert Kaempfert vertextet. Was hat Sie daran gereizt?

„Ich habe nur das erste Drittel des Originals von Bert Kaempfert für meine Version verwendet. Als ich mit der Idee herumgespielt habe, das Stück aufzunehmen, war auch gleich der Gedanke da, es mit einem Text zu versehen. Ich fand dann die Idee ganz witzig, dazu etwas über eine nicht zusammenpassende Liebe zu schreiben. Den Töchtern von Bert Kaempfert hat meine Version gefallen und so haben sie mir erlaubt, die Komposition ihres Vaters zu verwenden. Ich fand es super, weil es sonst unfassbar kompliziert ist, wenn man mit Fremdwerken arbeiten möchte. Mit einem James Last-Song für mein letztes Album lief es erfreulicherweise auch so unkompliziert.“

Kaempfert und Last sind ja auch Bandleader, die diese lässige Leichtigkeit in ihrer Musik transportiert haben, die Sie auch auf die Bühne bringen.

„Danke. Ich glaube, diese Lässigkeit entsteht tatsächlich auch daraus, dass man etwas wirklich kann. Jeder kennt das ja, wenn man etwas nicht richtig beherrscht, verkrampft man schnell, strengt sich zu sehr an. Wenn Sie mal einem Instrumentalisten zuschauen, der eins ist mit seiner Gitarre oder seinem Klavier, der wirkt auch immer irgendwie lässig. Das kann er sich leisten, weil er es kann. Gerade Last und Kaempfert hatten es einfach drauf. Die waren in der Lage aus Kleinigkeiten Großes zu machen. Die konnten weit mehr, als sie oft gezeigt haben. Das hat es so leicht aussehen lassen. Sowas gefällt mir auch bei den ganz großen Sängern. So eine augenzwinkernde Ironie gefällt mir dabei auch sehr.“

Bei Swing erwarten die Wenigsten einen Jungen aus dem Pott. - Foto: Q-rious Music

Bei Swing erwarten die wenigsten einen Jungen aus dem Pott. Wie sind Sie zum Jazz gekommen?

„Ich bin da einfach so reingerutscht. Ich habe Schlagzeug und Posaune gelernt. Durch meine Eltern habe ich den Big Band Sound kennen gelernt. Wir waren auf einem Konzert von Chris Barber, der Dixieland gemacht hat. Mir hat diese Musik immer gefallen. Ich hatte da nie so ein Schubladendenken. Mir war es auch nie peinlich, diese Musik zu hören. Bei uns zuhause haben wir alle möglichen Stile gehört. Einer meiner Brüder war beispielsweise so ein Hard Core Death Metall Fan. Mich hat aber der Swing angesprochen und irgendwann bin ich dann auch genau dort angekommen, wo ich hinwollte. Vor allem als Sänger und was ich musikalisch gern umsetzen möchte.“

Stimmt es, dass Sie immer unter der Dusche gesungen haben und die Kumpels vorgeschlagen haben, probier‘ es doch auch mal als Sänger, statt nur instrumental?  

„Ja genau. Da ist echt was Wahres dran. Mein damaliger Mitbewohner, der bis heute in meiner Band mitspielt, hat das wirklich gesagt. Wir hatten eine WG in Holland und die Wände waren extrem dünn. Er musste zuhören, wenn ich zu meinen Lieblings-Sinatra-Platten immer mitgesungen habe. Er hat mir dann den entscheidenden Impuls gegeben, da doch noch mehr draus zu machen.“

Erinnern Sie sich noch an das erste Mal, als Sie Franky Boy gehört haben?

„Ich war da wohl so Achtzehn oder Neunzehn. Da hatte ich meine ersten Sinatra-Sampler von einem Wühltisch gekauft. Als ich dann die Stimme gehört habe, war ich hin und weg. Ich habe in meinem Leben zwei große Fanphasen mitgemacht. So mit Zwölf war ich ein großer Queen-Fan. Ich hatte alle Platten. Dann ging es nahtlos über zu Sinatra. Diese Leidenschaft habe ich nach all den Jahren immer noch.

Was glauben Sie ist es, dass den Swing immer wieder auch für ein junges Publikum interessant macht? Robbie Williams hat ja ein Swing-Album aufgenommen, obwohl es ein Stil ist, der irgendwie aus der Zeit gefallen scheint.

„Jeder Stil hat seine eigene große Zeit. Wenn er aber eine gewisse Klasse hat, kann er sich auch zu anderen Zeiten noch behaupten. Natürlich gibt es auch ein paar Hardcore-Fans. Ich nehme gerne die Kollegen musikalisch ernst, die sich ihren Stil, ihre Musik, gesucht haben und nicht nur dem Massengeschmack folgen. Wenn man beispielsweise in den 60ern aufgewachsen ist, war es ja fast schon normal, die Beatles zu hören. Wenn mir hingegen heutzutage ein junger Mensch sagt, du ich steh total auf die Beatles, habe ich davor großen Respekt, weil es eine bewusst Entscheidung gegen den Mainstream ist. Beim Swing gab es immer Künstler, die diese Klasse erkannt und sich bewusst damit auseinandergesetzt haben. Übrigens gerade junge Männer finden es ziemlich sexy, diese lässige Las Vegas Haltung einzunehmen. Einen auf dicke Hose machen, augenzwinkernd einen Smoking anziehen. Robbie Williams ist mit Sicherheit genauso und er mag auch die Musik aus dieser Zeit. Wenn Robbie das macht, finden es auch andere Leute wieder cool. So hat es diesem Stil auch neue Fans gebracht.“

"Einen auf dicke Hose machen, augenzwinkernd einen Smoking anziehen." - Foto: Q-rious Music

Swing hat ja auch optisch einen ganz bestimmten Stil. Frauen sieht man in dem Zusammenhang eher selten auf der Bühne. Ist es das Gesamtpaket, das Sie anspricht?

„Es gibt schon Sängerinnen, die auch Swing singen. Im Jazz gibt es ja diese Mischung zwischen dem traditionellen Jazz und der Popularmusik in der damaligen Zeit. Aber tatsächlich hat man eher Männer als Hauptfigur und die Frauen als Beiwerk im Kopf. Jetzt da wir darüber sprechen (überlegt) … mir hat sich diese Frage noch nie wirklich gestellt. Aber für mich war es tatsächlich eine bewusste Entscheidung, nur Männer in der Band zu haben, weil ich das auch optisch passender finde, wenn alle die gleichen Anzüge haben. Wenn Damen dazwischen sitzen, wirkt das wie bei einer Hochschul-Big Band.“

Die Big Band gibt mir das Stichwort. Sie stehen da auf der Bühne ja nicht als Teil einer kleinen Combo, sondern haben eine Big Band im Rücken. Was bedeutet das für einen Sänger?

„Mir macht es riesigen Spaß. Ich habe ja mal mit Geige in einem großen Orchester angefangen. Später habe ich in einer Big Band Posaune und Schlagzeug gespielt. Ich war daher schon von jeher ein Fan von großer opulent inszenierter Musik. Das hat sich bis heute nicht geändert. Ich liebe es einfach, wenn in meinem Rücken eine Menge passiert. Das passt zu meiner Stimme, die ich darin gut einbetten kann. Ich habe auch keine Angst davor, im Gegenteil. Ich fühle mich damit pudelwohl. Eher ungewohnt ist es für mich daher, einfach nur mal mit einem Klavier zu singen.“

Ist es gesanglich nicht auch eine Herausforderung?

„Ja, aber man darf sich davon nicht verunsichern lassen. Mir wird nachgesagt, ich hätte eine Leichtigkeit im Umgang mit großen Orchestern. Ich bin es aber auch gewohnt. Wenn jemand allerdings nur mit der eigenen kleinen Begleitband unterwegs ist und nun plötzlich eigene Songs mit einem Orchester spielen soll, kann das sehr stressig werden. Damit wird es dann auch nicht unbedingt besser. Ich könnte mir vorstellen, dass ich in einem anderen Kontext vielleicht ähnlich reagieren würde.“

Sie sind am Freitag wieder zu Gast im Düsseldorfer Savoy-Theater …

„Ich wohne ja ganz in der Nähe und einige der Musiker in der Band sind Düsseldorfer. Wir sind Stammgäste im Savoy-Theater. Seit bestimmt zehn Jahren spielen wir regelmäßig zweimal im Jahr dort. Es ist schon sowas wie unsere musikalische Stammkneipe geworden. Auf die Shows dort freuen wir uns alle immer sehr.“

Gibt es einen Traum, den Sie sich als Musiker gern erfüllen würden?

„Ich würde gerne einmal in Las Vegas auftreten. Einfach nur, um das mal gemacht zu haben. Fände ich toll, in die Kinderstube dieser Musik einmal hineinzugehen.“

Tom Gaebel & Orchester gastieren mit Perfect Day am 17. Mai in der Tonhalle Düsseldorf. Beginn: 20 Uhr. Tickets unter: www.tonhalle.de

Das Interview führte Claudia Hötzendorfer

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