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Im Flugsimulator einmal nach New York und zurück

Wie fühlt es sich wohl an, im Cockpit eines großen Jets zu sitzen? Um das herauszufinden, muss man nicht Pilot werden. In Düsseldorf steht ein Flugsimulator, der einen sehr realen Einblick in die Abläufe einer Verkehrsmaschine ermöglicht und zwar für jedermann. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Neugier und die Bereitschaft, sich auf das Erlebnis einzulassen, reichen vollkommen aus, wie Rhein-Ruhr-Kultur.net-Herausgeberin Claudia Hötzendorfer bei einem Besuch feststellte.

Ein Blick ins Flugsimulator-Cockpit einer Boing 737. - Foto: YOURCockpit

Die rechte Hand am Steuerknüppel, die linke gibt Schub: langsam nimmt die Maschine Fahrt auf und hebt schließlich von der Startbahn des Flughafen Düsseldorf ab. Die Sicht ist gut, der Puls wird langsamer. Die „Pilotin“ hat den ersten wichtigen Schritt geschafft. Die Boing 737 ist in der Luft. „Runter kommt man ja irgendwie immer“, beruhigt Nadine Pinternagel augenzinkernd. Sie hat neben der Reporterin Platz genommen, nachdem sie ihr zuvor das umfangreiche Armaturenbrett geduldig erklärt und eingeschärft hat: „Die Fußpedale sind nicht zum Bremsen und Gasgeben da, wie beim Auto. Sie steuern die Seiten- und das Höhenruder am Heck des Flugzeugs, solange wir am Boden sind“. Also ist Finger- oder besser Fußspitzengefühl gefragt, ebenso wie im Umgang mit dem Steuerknüppel, der wird er zur Reporterin hingezogen, der Maschine Höhe gibt. Wird er hingegen vom Körper weg geschoben, senkt sich die Nase des Jets nach unten. „Autofahrer neigen dazu, das Steuer zu schnell und vor allem zu stark drehen zu wollen“, weiß Nadine Pinternagel. Die erfahrene Verkehrspilotin sitzt mit der Reporterin in einem Flugsimulator an der Jahnstraße in Düsseldorf. Dort hat YOURCockpit Anfang 2019 den Standort von I-Pilot übernommen, nachdem sich das Unternehmen vom deutschen Markt zurückgezogen hat.

So authentisch wie möglich

Der neue Betreiber setzt auf Authentizität. Neben dem Cockpit einer alten Mustang P51, das mit einer Virtual Reality-Brille „geflogen“ werden kann, haben Pinternagel und ihr Mitstreiter Dirk Effelsberg das Original-Cockpit einer Boing 737 zum Simulator umgebaut. Die Geräuschkulisse aus einem echten Flieger wird eingespielt und auf einer halbrunden Leinwand projizieren zwei Beamer die Bilder von Flugzielen weltweit. Dubai, New York (JFK), Los Angeles (LAX) und Hongkong gehören zu den beliebtesten Airports, die von ihren Kunden angesteuert würden, verrät Pinternagel, die selbst 14 Jahre lang als Verkehrspilotin Boing geflogen ist. Dirk Effelsberg und sie waren Kollegen. „Zwischenzeitlich hatten wir uns mal aus den Augen verloren“, erinnert sie sich. Aber als Effelsberg ihr vorschlug gemeinsam ein Unternehmen zu gründen, um Flugerlebnisse für jedermann in Simulatoren möglich zu machen, war Pinternagel gleich mit an Bord.

Acht Standtorte bundesweit

Inzwischen haben die beiden acht Standorte, darunter in Köln, Hamburg und München. Dort bieten sie auch Simulator-Flüge im Airbus-, Hubschrauber- und Kampfjet-Cockpit an.

YOURCockpit-Geschäftsführerin Nadine Pinternagel schaut auf 14 Jahre Erfahrung als Verkehrspilotin zurück. - Foto: C. Hötzendorfer

„Es war gar nicht so leicht, das alte Schätzchen hier rein zu Wuchten“, meint Nadine Pinternagel und spielt dabei nicht nur auf das Cockpit an, sondern auch auf die 200 Kilo schwere Metallplatte, die darunter liegt.

Auffällig ist, wie schmal das Cockpit geschnitten ist. Auf beiden Seiten sind identische Instrumente angebracht, denn Pilot und Co-Pilot sind gleichberechtigt und müssen jederzeit in der Lage sein, die Maschine übernehmen und alleine fliegen zu können.

Ein dritter Sitz ist im realen Leben dem Flugingenieur oder bei Trainingsflügen auch mal dem Prüfer vorbehalten.

Die Mittelkonsole mit dem Hebel für Schub und Bremse oder auch dem Feuerlöscher für die Trieb- und Leitwerke, wird je nach Sitzposition der Piloten entweder von rechts oder links bedient. Die Instrumente des Armaturenbretts liegen höher als bei einem Auto, so ist auch die Sicht aus der Windschutzscheibe tatsächlich etwas eingeschränkter als in einem PKW.

Frauen fliegen lieber Kampfjet und Hubschrauber

Wer steit denn so in einen Flugsimulator? „Das ist ganz unterschiedlich. Wir haben tatsächlich rund 80 Prozent Frauen, die einen Simulator-Flug in einer 737 buchen, allerdings vor allem, um ihn an Männer zu verschenken“, erklärt Nadine Pinternagel. Frauen würden dafür lieber mal einen Flug im Hubschrauber oder Kampfjet ausprobieren.

Für Kinder gibt es spezielle Angebote, jeden Sonntagnachmittag und in den Schulferien. „Wir geben ihnen zunächst eine kleine Einführung. Erzählen, wie ein Flugzeug überhaupt in der Luft bleiben kann etc“, so die Pilotin. Danach dürfen auch die Kleinen mal an den Steuerknüppel. „Die machen das erstaunlich gut. Sind hochkonzentriert und haben richtig Spaß dabei, vor allem die Mädchen“, bilanziert sie zufrieden. Nadine Pinternagel nutzt den Flugsimulator aber auch für Teilnehmer ihrer Flugangst-Seminare. „Wenn man einmal selbst im Cockpit sitzen und sich in Ruhe alles ansehen kann, versteht man die Abläufe und Geräusche besser“, weiß die Flugexpertin.

Dreharbeiten im Cockpit

Auch die Filmindustrie hat längt die Vorzüge eines Flugsimulators für sich entdeckt. So hat die Produktion von Patrick Vollraths neuster Regiearbeit 7500 mit Joseph Gordon-Levitt (Snowden) in der Hauptrolle, erst kürzlich in einem YOURCockpit-Simulator wichtige Szenen gedreht. Die titelgebende 7500 ist der internationale Zahlencode für eine Flugzeugentführung. Vollrath lässt seinen Thriller fast ausschließlich im Cockpit spielen, während in der Kabine Hijacker versuchen, eine Linienmaschine auf dem Flug von Berling nach Paris zu kapern.

In Patrick Vollraths Thriller "7500" spielt Joseph Gordon-Levitt ("Snowden") den Piloten einer Linienmaschine, die entführt wird. - Foto: Universum Film

Gedreht wurde dafür in einem Simulator für den Flugzeugtyp Airbus A3119. 7500 feierte Premiere auf dem diesjährigen Filmfest Locarno. Der deutsche Kinostart ist am 26. Dezember 2019.

Tageszeit, Wetterlage und Turbulenzen

Eine gute Stunde dauert ein Simulator-Flug inklusive Einweisung in die Instrumentenbedienung. Übrigens kann man nicht nur Start- und Zielflughafen wählen, sondern auch die Tageszeit und Wetterlage. „Wir können Regen, Gewitter und Turbulenzen simulieren, allerdings nur audio-visuell, da wir keine Hydraulik im Cockpit haben, um die Bewegungen nachempfinden zu können“, zählt die Geschäftsführerin auf.

Das sei nur in sogenannten Full-Flight-Simulator, der auch über eine Hydraulik verfügt, die alle Eventualitäten des Flugalltags durchspielen kann, möglich. „Wir haben hier einen Fix-Space Simulator, der für erfahrene Piloten eher nicht für ihre Trainings genutzt wird“. Aber für diejenigen, die einmal wissen wollen, wie es sich anfühlt, wenn man mal selbst das Steuer eines Jets in der Hand hat, ist ein Besuch allemal interessant. Die Reporterin hat nicht nur viele neue Eindrücke aus dem Flug im Simulator mitgenommen, sondern auch ein Gefühl dafür, was Piloten leisten.

Claudia Hötzendorfer

Info: Fix-Space-Flug-Simulatoren für jedermann gibt es unter anderem bei YOURCockpit in der Jahnstraße 2b in Düsseldorf. Ein Simulator-Flug dauert rund eine Stunde und kostet ab 182 Euro. Sonntagsnachmittags und in den Schulferien gibt es mit dem KidsClub spezielle Kinderangebote, deren Plätze immer schnell vergeben sind. Außerdem kann der Simulator auch für Gruppen und Events gebucht werden.

Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, da es eine gründliche Einweisung durch einen Instruktor gibt, der den Flug als Co-Pilot auch begleitet. Auf Wunsch kann der Simulator-Flug zudem als Erinnerung mitgefilmt werden.

Tickets und weitere Infos unter: www.yourcockpit.de

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