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„Berlin Berlin“ – Show über die roaring Twenties mit Botschaft

Wild waren sie die 1920er. Der erste Weltkrieg war überstanden und vor allem in Berlin steppte – wie man wohl heute sagen würde – der Bär. Es war die Dekade der Dietrich, der Comedian Harmonists, von Brecht und Weill oder Josephine Baker. Sie alle waren Gäste des berühmt berüchtigten Admiralspalast. Eins der angesagtesten Theater in der Hauptstadt zu dieser Zeit. Dorthin entführt die Show Berlin Berlin, die noch bis 9. Februar im Düsseldorfer Capitol-Theater gastiert.

Beim Ensemble der 20er Jahre Show "Berlin Berlin" überzeugten vor allem die Frauen mit starken Stimmen. - Foto: Jens Hauer/BB-Promotion

Kniekurze Fransenkleider, Bobfrisuren, Haarreifen mit Federn, Zigarettenspitzen, weitgeschnittene Anzüge und Hosenträger – das waren die wichtigsten Accessoires, wenn man in den Roaring Twenties in Berlin ausging. In den unzähligen Theatern und Bars der Stadt wurde regelmäßig die Nacht zum Tage gemacht. Man tanzte Charleston und den Lindy Hop. Absinth war das In-Getränk für alle, die Stehvermögen hatten oder es zumindest von sich glaubten. Auf den Bühnen standen Künstler, die heute Legenden sind: Marlene Dietrich, die Comedian Harmonists, Anita Berber oder Josephine Baker.

Es gab auch ein Wiedersehen mit "der Dietrich". - Foto: POW/BB-Promotion

Der erste Weltkrieg war gerade überstanden und vom nächsten ahnte man zunächst noch nichts. Dekaden später wird man über die 1920er sagen, es sei ein Tanz auf dem Vulkan gewesen.

Epizentrum Admiralspalast

Das Epizentrum der wilden Nächte war der Admiralspalast an der Friedrichstraße. Genau den lässt das Ensemble der Show Berlin Berlin wieder auferstehen. Der Theaterleiter erinnert sich, wie alles anfing. Wer dort die Menschen begeisterte und wie wild die Partys gewesen sind. Für das Publikum im Capitol gibt es ein Wiedersehen und -hören mit den Stars der Szene. So singt „die Dietrich“ von der feschen Lola und ist Von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt. Anita Berber kokst und säuft sich durch die Nacht und die Comedian Harmonists beschwören den Frühling und die Leichtigkeit des Seins unter anderem mit Veronica, der Lenz ist da oder mit Wochenend und Sonnenschein.

Show mit Botschaft

Der erste Akt zieht sich ein wenig durch die Dialogszenen. Dafür nimmt der zweite Akt dann richtig Fahrt auf und endet buchstäblich mit dem Lachen, das dem Publikum im Halse stecken bleibt. Schon beim Auftritt von „Josephine Baker“ in ihrem berühmten Bananenröckchen kommen erste abwertende Rufe aus dem Saal von einem der Ensemblemitglieder.

Die Tänzerin Josephine Baker war bekannt für ihr ausschweifendes Leben. - Foto: Christian Kleiner/BB-Promotion

Der Schatten der Nationalsozialisten dräut am Horizont. Doch die Protagonisten wähnen sich noch in Sicherheit. Plötzlich weht über der Bühne das Hakenkreuz-Banner der neuen Machthaber. Die Künstler? Im Exil in Frankreich oder Amerika, geflohen oder zur Auflösung gezwungen, wie die Comedian Harmonists. Es wird merklich still im Capitol-Theater als das Ensemble im Schatten hinter dem Nazi-Symbol mit Irgendwo auf der Welt von Hoffnung auf eine bessere Zukunft singt. Der Admiralspalast ist geschlossen. Als Abgesang und Zugabe gibt es den Titelsong der TV-Serie Babylon Berlin.

Die Botschaft ist klar: Wehret den Anfängen, denn Geschichte kann sich wiederholen. Berlin Berlin überzeugt mit einem spielfreudigen Ensemble und vor allem bei den Darstellerinnen großen Stimmen.

Tanz auf dem Vulkan

Wenn es um Berlin in den 20ern geht, wird oft das Bild eines Tanzes auf dem Vulkan bemüht. Auch deshalb, weil die Dekade zwischen den beiden großen Weltkriegen lag und Glanz wie Elend, Reichtum wie Armut, in er Hauptstadt nah beieinander lagen. Gleichzeitig war die Metropole ein Schmelztiegel und Anziehungspunkt für Künstler aller Colour. Der Jazz schwappte aus den USA herüber. Brecht und Weill schufen Werke, deren Musik bis heute immer wieder neu aufgenommen und interpretiert wird. Wie Die Moritat von Mäckie Messer aus der Dreigroschenoper oder den Alabama Song aus Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny.

Man tanzte und tanzt in Berlin aber auch tatsächlich auf dem Vulkan, wenn dieser auch seit über 290 Millionen Jahren erlöschen ist. Geologen konnten nachweisen, dass auf dem heutigen Stadtgebiet einst heiße Lava floss. Der rund zwei Kilometer im Durchmesser große Krater des erloschenen Schildvulkans soll unter Pankow liegen.

Weitere Infos und Termine zur Show Berlin Berlin unter: www.capitol-theater.de

Claudia Hötzendorfer

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